Die Erbsenzählung

Ein Bildschirm der einen umkippenden Sack Erbsen zeigt, davor ein gaming controller

Sollten Sie Ihre Erbsen zählen? Natürlich nicht! Denn das wäre Verschwendung Ihrer wertvollsten Ressource: Ihrer eigenen Zeit als Unternehmer.

Natürlich sollen Vorgaben eingehalten werden, dafür haben Sie Abteilungsleiter denen Sie vertrauen, statt ihnen bei jedem Handgriff auf die Finger zu sehen oder gar dauernd anzuzweifeln. Dass Konten und Steuererklärungen stimmen stellen Buchhaltung und Steuerberatung sicher. Optimal ist es, wenn alle dabei von Software unterstützt werden um Aufwand und Repetition gering, Genauigkeit und Aktualität hoch zu halten.

Dass dies alles nicht nur mit der höchstmöglichen Effizienz, sondern auch in konsequenter Verfolgung eines Ziels geschieht, das ist die Essenz des Controlling. Nicht das Klimpern mit Kleingeld, sondern die informierte Entscheidungsfindung für die Lenkung des Unternehmens.

Einladung zum Missverständnis: Wenige zentrale Funktionen betrieblicher Führung laden so sehr zum Missverstehen ein wie der Begriff des „Controlling“. Vor allem im deutschen Sprachraum wird es unbewusst oft als „Kontrollieren“ im Sinne der Fehlersuche verstanden, wie es etwa der Lehrer oder Rechnungsprüfer tun. Allgemein hält sich hartnäckig die Meinung, Controlling wäre etwas das nur multinationale Konzerne und Banken machen müssten, weil es sich für kleinere Betriebe nicht „auszahle“. Und dem Controller haftet der Nimbus des „Sparmeisters“ an, der unternehmerisches Wachstum und Streben nach Qualität mit Kleinkariertheit hemmt – oder gar des „Krampus“ mit der Entlassungs-Rute.

Können Sie sich vorstellen wie der Unternehmer sagt: „Muss ich mich bald für jeden Cent vor meinem eigenen Personal rechtfertigen?“, der Restaurantleiter „Jetzt tauscht man uns sicher die Stoffservietten gegen Papier“, und der Hausmeister „Ich hoffe ich kann als Liftwart anfangen wenn hier alles outsourced wird“.

Ich will behaupten dass die Aufgabe des Controlling das Gegenteil ist: Stabilität, Wachstum und Mehrwert schaffen.

Das betriebliche Gewissen: In Kleinbetrieben ist Controlling zwingend alleinige Chefsache, da einfach sonst niemand da ist. Dies ist eine weitere Herausforderung für den Unternehmer, da er nicht nur mit seiner Vision begeistern soll, sondern sich auch selbst die Mission auferlegen und immer wieder nachschärfen muss. Und sich zur Ehrlichkeit sich selbst gegenüber zwingen, denn auch das ist Aufgabe des Controlling. Controlling hat dadurch oft einen Beigeschmack von Ängstlichkeit, von mangelndem Unternehmergeist, und wird deshalb manchmal leichtfertig ignoriert – darüber, in wie vielen der 506 allein im aktuellen Quartal eröffneten Insolvenzen dies der Fall war, darf spekuliert werden.

Effizienz prüfen: Controlling ist vielschichtig, und nicht überall sind alle Schichten sinnvoll. Zu bewerten, welche Art und welche Intensität von Controlling im individuellen Fall notwendig ist, ist bereits die erste Aufgabe des guten Controllers. Zu den Ebenen des Controlling gibt es ausreichend Fachliteratur, zum Beispiel von der IGC, ich darf mich hier also rein mit der praktischen Umsetzung beschäftigen. In jedweder Schicht geht es zuerst darum zu wissen, wo die Reise hingehen soll. Controlling beginnt damit, einen gewünschten und gleichzeitig erreichbaren Zielzustand zu definieren. Beginnend beim Unternehmer selbst, für das gesamte Unternehmen. Controlling auf der höchsten Ebene ist Chefsache – ob man sich dabei von einem angestellten Controller unterstützen lässt oder nicht.

Nicht notwendigerweise bedarf es eines angestellten Controllers, oder gar einer Abteilung für Controlling. In jedem Fall würde Ihnen der sorgfältige Controller davon abraten, teure Fachkräfte damit zu beschäftigen jede Wareninventur, jeden Kassenbon, jeden Mistkübel nachzuprüfen nur um einem kleinen Fehlbetrag auf die Spur zu kommen – vielmehr ist es Aufgabe des Controlling zu bewerten, ob eine solche Prüfung

1. betrieblich notwendig
2. substanziell ergebniswirksam
3. mit adäquatem Aufwand durchführbar

ist, damit der Unternehmer eine fundierte Entscheidung treffen kann. Die Größe der Operation bestimmt den notwendigen und sinnvollen Umfang und damit die möglichen Optionen. Den Partner des Unternehmers oder einen externen Berater quartalsweise zu konsultieren kann den Bedarf eines Kleinunternehmens bereits effizient decken, vor allem wenn die den Betrieb tragenden Abteilungsleiter Controlling als gemeinsame Aufgabe der verstehen.

Zwänge hinterfragen: Ebensowenig ist es effizienter Einsatz eines Experten, Massen von Tabellen zu erstellen oder im stillen Kämmerlein zu brüten. Mit vagem Auftrag eingestellte und weitgehend sich selbst überlassene „Controller“ sehen sich meist gezwungen, pausenlos ihre Funktion rechtfertigen zu müssen, und neigen dazu dies nur durch „erreichte Einsparungen“ und „ermittelte Abweichungen“ zu tun. Controlling als Selbstzweck ist Verschwendung, selbst dann wenn sich eine Maßnahme vorgeblich „gegen Verschwendung“ richtet wie in dieser Praxis, der ich in immer mehr Hotels begegnen muss: 

Ein Brotkorb in dem längs geschnittene Semmeln liegen statt Baguette, wahrscheinlich vom Frühstücksbuffet übrig geblieben

Wenn sogenanntes „Controlling“ der kurzfristigen Einsparungen wegen die nachhaltige Qualität  und den guten Ruf unserer Betriebe auszuhöhlen beginnt, hat das nichts mit unternehmerischer Strategie zu tun. Controlling auf Kostenreduktion zu reduzieren schafft eher Unzufriedenheit: Beim Unternehmer der zu hohe Erwartungen an die Effektivität hat, beim Mitarbeiter der seinen Verdienst gefährdet sieht,  beim Gast der die Sparmaßnahmen zu spüren bekommt, und beim Controller selbst der sein Potenzial nicht entfalten kann. Probieren Sie einmal etwas aus: Statt nach mehr Einsparungen zu fragen, bitten Sie Ihren Controller Ihnen eine Investition vorzuschlagen, die das Gästeerlebnis nachhaltig positiv prägt. Sie werden überrascht sein. Auch davon wie Controlling und Operative an gemeinsamen Zielen wachsen und zusammenwachsen.

Vorteile nützen: Controlling soll nicht nur das Gewissen, sondern Partner und Impulsgeber für den Unternehmer sein. Controlling soll nicht nur die Fülle an Zahlen sondern auch die vielfältigen operativen und administrativen Prozesse im Auge haben, um jederzeit dem Unternehmer auf den Kern kondensierte Fakten zur Verfügung stellen zu können sowie Handlungsempfehlungen zu geben. Controlling bedeutet auch nach einer umgesetzten Maßnahme diese zu überwachen, zu evaluieren, und zu optimieren – denn kein Plan dieser Welt bleibt vom realen Leben unbeeinflusst. Manchmal sind es kleine Nachjustierungen aufgrund der ersten Erfahrungen in der Praxis, die erst den Erfolg herbeiführen, manchmal muss man sich eingestehen dass etwas in eine falsche Richtung geht und rechtzeitig umdrehen, bevor substanzieller wirtschaftlicher Schaden entsteht.

Darüber hinaus haben Sie mit einem Controller eine Personalreserve für jene speziellen Aufgaben, die unregelmäßig oder ungeplant anfallen und Vertiefung in eine Materie erfordern. Die vom täglichen operativen Ablauf etwas losgelöste Position bietet zusätzlich eine wertvolle zusätzliche Perspektive und kann Innovationen anstoßen, immer auf objektiv messbare Daten gestützt. Und Ihr Controller kann als Vertrauter fungieren, mit dem sich auch über Unsicherheiten sprechen lässt.

Der Controller für die Unternehmensstrategie: Controlling bedeutet „steuern“ und „Steuerung“. Es ist Ihr Werkzeug, mit dem Sie wie mit dem „Controller“ am Gaming-PC Ihre unternehmerische Strategie umsetzen.

Verwenden wir dieses Beispiel: Wenn gefühlt immer zu wenig Erbsen im Lager sind tippen Sie den Button, der Daten aus unterschiedlichen Systemen wie Restaurantkasse, Rezeptsammlung und Rechnungsbüchern sammelt. Wenn dabei nicht schon ein blinkender Hinweis entdeckt wird, öffnen Sie das Kontextmenü zur Anzeige verfügbarer Warenwirtschaftsprogramme, die Lagerwirtschaft mit diesen Systemen verbinden. Spielen Sie das Kosten-Nutzen-Rechenspiel und skizzieren Sie eine mögliche neue Landkarte. Laden Sie Ihre Mannschaft aus dem gesamten F&B ein mitzuspielen und machen Sie sich gemeinsam auf den Weg – immer mit einem Auge auf Kompass, Minikarte und Statusanzeigen die Ihnen Ihr Controller auf Knopfdruck liefert.

Und überlassen Sie das Erbsenzählen dem Aschenputtel im Märchenbuch.

Profitipp: Aktives Controlling stärkt das Vertrauen von Finanzierungsgebern – nützen Sie diesen Vorteil am Kapitalmarkt und verbessern Sie Ihre Verhandlungsposition durch fundierte Analysen und Prognosen von anerkannten Fachexperten.