Das Problem mit der Preisdurchsetzung

Ein Vorschlaghammer der das Schutzglas der aktuellen Preisstrategie eines Hotels zerschlägt - mit Gewalt lässt sich nicht mehr Profit erreichen

Haben Sie es auch schon gelesen? Österreichische Hotels sind gefragter denn je, haben aber ein Problem mit der Preisdurchsetzung. Der Begriff „Preisdurchsetzung“ wird häufig verwendet, aber in der Hotellerie oft nicht richtig verstanden. Daher sollten wir uns fragen, was es wirklich bedeutet, einen Preis durchzusetzen – und ob dieser Begriff überhaupt zeitgemäß ist.

Schlechte Preisdurchsetzung würde im ursprünglichen Sinn eigentlich einen festgelegten Preis voraussetzen, zu dem sich das Produkt nicht gut genug verkauft hat und nachträgliche Rabatte nötig gemacht hat. In der Hotellerie ist es aber üblicherweise umgekehrt, den Verkauf eröffnet man eher mit günstigen Preisen für Frühbucher. Wenn wir also von Preisdurchsetzung sprechen meinen wir vielleicht den Preis laut Budget, oder eine Faustformel wie „Vorjahrespreis plus Inflationsausgleich plus Gewinnsteigerung“, oder was wir glauben, dass der Nachbarbetrieb bekommt – aber meist nicht den Preis den wir tatsächlich gerade öffentlich anbieten.

Was ist das Problem? Nicht jeder Beherbergungsbetrieb hat seine Preise kalkuliert wie es ein Produktionsbetrieb tut und eine betriebswirtschaftliche Planrechnung auf Basis dieser Preise erstellt. Kennen Sie Ihren Mindestpreis? Wenn nicht, ist genau das Ihr erstes Problem. Und Sie sind damit nicht allein.

Kennen Sie Ihren Mindestverkaufspreis nicht, ist es viel zu früh sich über Preisdurchsetzung den Kopf zu zerbrechen. Der einzige Anhaltspunkt den Sie für den „durchzusetzenden“ Preis haben ist wahrscheinlich der Ihres Nachbarn – gerne am Stammtisch hinausposaunt. Bestenfalls ist es die Summe Ihrer zu bezahlenden Rechnungen geteilt durch die Anzahl der bezahlten Nächtigungen. Verlässliche Daten, auf die man unternehmerische Entscheidungen stützen kann, sehen anders aus. Meinen zumindest die meisten Finanzierungs- oder Förderungsgeber.

Wenn Sie Ihren Mindestverkaufspreis – auch bekannt als Preisuntergrenze oder „PUG“ – objektiv kalkuliert haben, wissen Sie wann sich Ihr Betrieb rentiert. Sie können aber auch eine fundierte Entscheidung darüber treffen, ob punktuell niedrigere Preise sinnvoll sind, um in schwachen Zeiten die laufenden Kosten zu decken, da Sie für die Kalkulation den Deckungsbeitrag berechnet haben und mit diesem die „kurzfristige Preisuntergrenze“ ermitteln können. Und Sie erkennen wie sich jeder Euro den Sie über Ihrem Mindestverkaufspreis erzielen können quasi unvermindert im operativen Ergebnis wiederfindet. Wenn Ihnen dann nicht ganz klar ist, welcher Preis laut aktuellen Publikationen „durchzusetzen“ gewesen wäre, möchte ich Sie beruhigen – mir auch nicht.

Für mich wäre verständlicher zu sagen, dass vor allem diejenigen Hoteliers, die sich mit ihrer Preisstrategie wenig beschäftigen, aufgrund der Marktentwicklung immer öfter Probleme haben mit ihren tatsächlichen Preisen profitable Betriebe zu führen. Und egal ob diese dann Preise einfach stur weiter führen, riskante Experimente machen oder rücksichtslos die Rabattschleuder anwerfen, leiden darunter auch diejenigen die eine überlegte Preispolitik auf solider Datenbasis verfolgen.

Ein Luxusproblem? Ein renommiertes Luxushotel in der Wiener Innenstadt zeigt, dass selbst die Besten kämpfen, wenn sie nicht flexibel genug auf Marktveränderungen reagieren: der „Einstiegspreis“, selbst wenn er dynamisch an die Nachfrage angepasst wird, ist ausreichend akzeptiert. Gäste sind aber immer weniger bereit Aufpreise für höherwertige Zimmertypen zu bezahlen, mit dem Effekt dass oft großzügige Suiten zum Preis normaler Zimmer belegt werden müssen. Seit ein paar Jahren wird daran gearbeitet, der Aufpreis flexibel gestaltet je nach Buchungslage. Hier könnte man von problematischer Preisdurchsetzung sprechen – oder aber von versäumter Anpassung an Veränderungen im Markt?

Nicht die Quantität von Fläche und Einrichtung, sondern die Qualität von Erlebnis und Nutzen gibt heute den Ausschlag. Die Maßnahmen beschränken sich auf Preisreduktion, was für den Gast nicht nachvollziehbar sogar zu billigeren Preisen größerer Zimmer führt. Kombiniert man fehlende Innovation mit Intransparenz, kann ein Preis sich kaum mehr „durchsetzen“ in einem Markt der besonders seit der Pandemie starke Dynamiken zeigt.

Der Tourismus wächst, das belegen Zahlen verschiedener Organisationen von den Vereinten Nationen bis zur Hoteliersvereinigung. Seltener beachtet werden allerdings Zahlen zum Wachsen des Angebots – Neubauten, Umbauten, Zubauten. Exemplarisch wieder der Wiener Hotelmarkt, laut Wien Tourismus.

Die aktuelle Prognose sagt bis Ende 2026 nochmals eine Steigerung um 2000 Zimmer oder 5% auf Angebotsseite voraus – und das nur auf Basis der aktuell bekannten Projekte.

Ein Wiener Problem? Während Wien oft als Paradebeispiel herangezogen wird, sehen wir ähnliche Entwicklungen in anderen Regionen. Überall dort, wo sich das Angebot schnell verändert, müssen Hoteliers ihre Strategien anpassen, um nicht auf der Strecke zu bleiben. Abseits fröhlicher Pressemeldungen liefert zum Beispiel mein Heimatbundesland auch harte Fakten. Alternative Angebote wie immer professionellere Ferienwohnungen, auch von gewerblichen Anbietern, Baumhaus-Hotels, „mobile homes“ und „glamping“ diversifizieren und erweitern vor allem in Urlaubsregionen die Palette zusätzlich zu den vor allem städtischen Neubauten. Die Landeshauptstadt Graz hat seit Juni 2024 zwei „größte Hotels der Stadt“, beides Neubauten von Ketten im Bahnhofsviertel. Die beiden haben fast gleich viele Zimmer und damit 10% größere Zimmerkapazität als der bis zuvor größte Betrieb der Stadt. Wären die Lobbies der beiden Häuser nicht spiegelverkehrt zueinander wüsste man nicht instinktiv welches man gerade betreten habe, so austauschbar präsentieren sich die Angebote.

Qualitätsdurchsetzung: Welche Vorteile lassen sich daraus ziehen? Egal ob Wiener City, steirische Weingegend oder westösterreichische Bergregionen, vor allem in den gefragtesten Destinationen nimmt das Angebot quantitativ zu – und nicht immer, wie ich dieses Wochenende selbst in einem ehemals idyllischen, jetzt hochpreisigen Alpendorf beobachten durfte, qualitativ. Seit Jahren begleiten uns die Stichworte Investitionsrückstau und Personalmangel. Verschärft von Hochzinsphase und bevorstehenden Betriebsübergängen. Die Frage muss also nicht sein, wie man einen Preis durchsetzt, sondern wie man durch Qualität überzeugt und so Preise rechtfertigt, die dem echten Mehrwert entsprechen. Setzt sich nicht viel eher die Qualität langfristig durch und darf dann ganz sprichwörtlich „ihren Preis haben“?

Einen Preis fair zu kalkulieren und zu diesem erfolgreich zu verkaufen – also durchzusetzen – gelingt dem Hotelier, der sich zuerst durch höchste Qualität durchgesetzt hat. Ein Paradebeispiel findet sich in einem obersteirischen Skigebiet. Qualität in Produkt, Dienstleistung und Kommunikation erzeugt Gästebindung die von Preisen nicht primär beeinflusst wird. Dies bedingt stetige Arbeit an sich selbst, andauernde Innovation und Investition, sowie Gespür für Trends – und dafür, welche Trends man ruhigen Mutes Anderen überlassen kann.

Mit geschickter Preispolitik lässt sich selbstverständlich auch recht erfolgreich verkaufen. Je besser man seine Zielgruppe kennt und auf diese eingehen kann, statt Preise nach Tagesverfassung oder in blindem Vertrauen auf einen Automaten festzulegen, desto mehr Marktanteil kann man erreichen. Je besser man seinen Markt kennt, desto leichter lässt sich mit gut überlegtem Einsatz der richtigen Angebote, aber auch passender Regeln, kann schnell neues Geschäft ins eigene Haus umleiten und den Nachbarn über kaum verstandene, aber akute Probleme mit der „Preisdurchsetzung“ lamentieren lassen. Ich gestehe hier sogar ein, dass ich selbst diese Kunst pflege und durchaus stolz auf Erfolge meiner taktischen Maßnahmen bin.

Im besten Fall darf aber der Begriff der „Preisdurchsetzung“ aus dem Vokabular der Hotellerie verschwinden. Vor allem, wenn damit gemeint ist „sich über den Preis gegen den Mitbewerb durchsetzen“. Die österreichische Hotellerie kann sich über herausragende Qualität durchsetzen und ihren Preis bekommen, auch gegen aus dem Boden schießende Quantität.

Zusammengefasst: Qualität und strategische Innovation sind die Schlüssel zum Erfolg – nicht die blinde Durchsetzung eines Preises.

Schlüsselfragen für Hoteliers

In einem sich ständig wandelnden Markt kann keine Strategie in Stein gemeißelt sein. Es geht darum, flexibel zu bleiben und die eigene Position immer wieder neu zu justieren. Lassen Sie sich von Experten beraten, um eine maßgeschneiderte Strategie zu entwickeln, die zu Ihrem Betrieb passt und langfristig erfolgreich ist.

Profitipp: Paaren Sie punktuelle Angebote immer mit passenden, individuellen Regeln um Ihr langfristig gewünschtes Preisniveau zu schützen.